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#37 – Bolivien, La Paz

Busfahrt von Sucre nach La Paz

Wir waren schon einige Stunden unterwegs, als wir plötzlich aus dem Schlaf gerissen wurden. Ein Knall und ein geplatzter Reifen zwangen uns für etwa 30 Minuten zu stoppen. Nachdem der Reifen gewechselt war, ging es weiter. Allerdings hielten wir schon kurze Zeit später erneut. Der Motor wurde abgestellt und die Leute unruhig. Es war 2 Uhr nachts! Einer nach dem anderen verließ den Bus, aber niemand sagte uns irgendwas, sodass wir unsere Sachen schnappten und ebenso ausstiegen. Bis auf die Lichter der bereits gestrandeten Busse und LKWs war es stockdunkel. Viele Mitreisende holten bereits ihr Gepäck aus dem Bus und machten sich auf den Weg. „Es schien nicht mehr weiterzugehen.“

Da niemand so richtig wusste, was los war, aber alle gemeinsam weiterzogen, schlossen wir uns der Menge an und zerrten unsere mittlerweile schweren Koffer durch die Dunkelheit. Am Ende der Autoschlange sahen wir nun endlich den Grund des Staus. Eine Straßenblockade.

Steine und Geröll versperren den Weg
Steine und Geröll versperren den Weg
Blockade in Bolivien
Blockade in Bolivien

Straßenblockaden in Bolivien

Die ganze Straße war mit Felsbrocken und Steinen übersät. Zum Teil mussten wir unsere Koffer schleppen, weil wir nicht hindurchkamen. Janek hatte schon von den Straßenblockaden gelesen und dass diese nicht gegen Menschen an sich gerichtet sind. Etwas beunruhigend waren die vermummten Gestalten oberhalb des Walls trotzdem. Vereinzelt wurden weitere Brocken auf die Straße gerollt oder geworfen, aber nie in der Nähe von gerade überquerenden Menschen, was uns zumindest ein halbwegs sicheres Gefühl gab. Das Laufen auf der Höhe und in der Kälte war anstrengend, wir zogen aber gut durch, um hoffentlich noch auf der anderen Seite der Blockade einen Bus zubekommen.

In Bolivien eskaliert der Konflikt zwischen der reichen Agrarregion Santa Cruz und der linksgerichteten Regierung in La Paz. Die Bewohner protestieren mit Demonstrationen und Straßenblockaden unter anderem gegen die Verhaftung ihres populären Gouverneurs Luis Fernando Camacho. Der Konflikt zwischen Santa Cruz und dem Hochland um La Paz ist historisch geprägt und verschärft sich seit der Rückkehr der MAS an die Macht im Jahr 2020. Santa Cruz fordert mehr Autonomie und kämpft gegen die zunehmende Einmischung der sozialistischen Zentralregierung. Die Proteste haben weitreichende politische und wirtschaftliche Folgen, da Santa Cruz eine wichtige agrarische und wirtschaftliche Rolle im Land spielt. Die Spannungen zwischen Hoch- und Tiefland werden durch den Konflikt weiter vertieft und droht zu eskalieren, da die Interessenkonflikte ungelöst bleiben und die politischen Spannungen im Land anhalten.

Die Bevölkerung leidet enorm unter den Protesten, da viele Gebiete nicht mehr mit Benzin, Lebensmitteln und anderen Gütern versorgt werden können.

Glücklicherweise sah es auf der anderen Seite ähnlich aus. Ein paar wenige Busse, LKWs und wendende Fahrzeuge fanden wir vor. Wir fragten uns durch und bekamen einen Platz bei einem Bus unserer Busgesellschaft. Da wir ja bereits ein Ticket hatten, konnten wir ohne Aufpreis den Rest nach La Paz mitfahren. An Schlaf war nun kaum noch zu denken. Bei jedem Stoppen oder Halten befürchteten wir, in die nächste Sperre zu geraten. Ein Glück verlief der Rest der Fahrt problemlos, sodass wir morgens in La Paz ankamen.

La Paz – höchster Regierungssitz der Welt

Am ruhigen Busbahnhof bestellten wir uns ein InDrive Taxi und fuhren die wenigen Minuten zu unserer Unterkunft. Das Hostel* lag an einer übel steilen Straße und war erst nicht leicht zu finden. Wir bekamen ein Zimmer im 3. Stock und es gab keinen Fahrstuhl. Die Luft war so dünn, dass wir im 2. Stock jedes Mal eine Pause machen mussten. Allgemein war es super anstrengend, durch die schrägen Straßen der Stadt auf über 3600 m Höhe zu gehen. Hinzukamen noch die stinkenden Abgase der Busse und LKWs, die sich die steilen Straßen hochschleppten. Nirgendwo anders haben wir je so einen chaotischen Verkehr erlebt, wie hier in La Paz.

Unser Hostel* lag in einer coolen Gegend. Wir hatten viele Restaurants, einen großen Marktplatz und den Hexenmarkt in unmittelbarer Nähe. Die ersten Tage erkundeten wir die Gegend zu Fuß, probierten uns durch ein paar Restaurants und ließen die Stadt auf uns wirken. Schnell wurde uns klar, dass wir uns in der Regenzeit befanden. Oft wachten wir bei strahlendem Sonnenschein auf und konnten die Stadt genießen, bis plötzlich der Himmel dunkel wurde und es in Strömen regnete. Oft nur für 1-2 Stunden. Anschließend wurde es wieder schön.

Der selbe Hexenmarkt im Regen
Der selbe Hexenmarkt im Regen
Der Hexenmarkt bei Sonnenschein
Der Hexenmarkt bei Sonnenschein

Mit der Seilbahn durch La Paz

An einem sonnigen Tag entschieden wir uns eine Stadtrundfahrt mit der Seilbahn zu unternehmen.

Die Seilbahn Mi Teleférico in La Paz ist mit etwa 30 km Länge und zehn Linien das größte städtische Seilbahnnetz der Welt. Um den enormen Höhenunterschied von knapp 1000 Metern zwischen der Stadt La Paz und der Nachbarstadt El Alto auszugleichen und die vollen Straßen zu entlasten, wurden ab 2014 zehn neue Linien installiert. Weitere sollen folgen.

Da die Bahn auch den ärmeren Bürgern in El Alto dienen soll, sind die Preise super günstig. Mehr als 300.000 Fahrgäste werden täglich mit der Seilbahn befördert und der Straßenverkehr so zumindest teilweise entlastet.

Wir zahlten für eine Rundtour nur knapp 3 Euro zusammen und fuhren mit insgesamt 6 Bahnen über die gesamte Stadt. Zuerst ging es dabei ins hoch gelegene El Alto. Hier hatten wir die gesamte Fahrt über eine super Aussicht. Auf der einen Seite konnten wir die vielen Märkte in El Alto sehen, während auf der anderen Seite der tiefe Abgrund runter nach La Paz zu sehen war. Wir bekamen jetzt erst ein richtiges Gefühl für die Größe dieser Stadt, die in einem Kessel gebaut wurde. Knapp 1 ½ Stunden später waren wir wieder zurück und kauften uns wie so oft einen frisch gepressten Orangensaft auf die Hand.

Seilbahnnetz in La Paz
Seilbahnnetz in La Paz
Blick runter auf La Paz
Blick runter auf La Paz

Knapp 2 Wochen in La Paz

Wir wollten gerne eine Fahrradtour über die Deathroad machen und eventuell noch danach in den Dschungel im Amazonasurwald weiterfahren, hatten allerdings etwas Bedenken, da Vivi leichte Halsschmerzen hatte. Bei einer Radtour durch Wasserfälle und verschiedene Klimazonen eventuell nicht die beste Idee. Wir verlängerten jeden Tag spontan aufs Neue, da wir auf Besserung hofften. Nach 6 Tagen hatten wir genug vom kleinen Zimmer und dem langweiligen Frühstück, sodass wir uns ein neues Hotel suchen wollten. Wir gingen zu Fuß zu ein paar Hotels und reservierten dann erst, nachdem wir das Zimmer gesehen hatten. Am nächsten Mittag machten wir uns mit den Koffern auf zum neuen Hotel. Irgendwie gab es Verständigungsprobleme und wir sollten zu dem Preis nun ein deutlich kleineres Zimmer ohne Fenster und mit Gemeinschaftsbad statt eigenem Bad bekommen. Das war so leider nicht besprochen und gefiel uns nicht, sodass wir stornierten. Wir liefen noch zwei Straßen weiter und fanden ein tolles Hotel* für kleines Geld, konnten direkt einchecken und hatten sogar einen Fahrstuhl. Hier machten wir es uns gemütlich und blieben eine weitere Woche in der Stadt.

Ausblick aus unserem ersten Hostel in La Paz
Ausblick aus unserem ersten Hostel in La Paz
Ausblick aus dem zweiten Hotel in La Paz
Ausblick aus dem zweiten Hotel in La Paz

In den Straßen von La Paz

In La Paz schlenderten wir viel durch die Straßen. Es war immer irgendwas los. Naja gut, es war auch Karneval und das wird in vielen Ländern Südamerikas 3 Wochen lang gefeiert. Jeden Tag hörten wir den Spielmannszug oder verkleidete Kinder durch die Straßen laufen und überall wurden Kostüme, Konfetti und alles, was man zum Karnevalsfest braucht, verkauft. Die Fußwege und der Straßenrand wurden noch mehr als normal und bis auf den letzten Meter genutzt, um Stände aufzubauen. Das Durchkommen war danach für uns nicht mehr so einfach. Aus dem Schlendern wurde ein Durchzwängen durch eins der größten farbenfrohen Feierlichkeiten Boliviens.

Volle Straßen in La Paz
Volle Straßen in La Paz
Dicht gedrängt in engen Gassen
Dicht gedrängt in engen Gassen

Auf einem Marktplatz trafen wir auf Millionen von Tauben, die mit Maiskörnern, welche es abgepackt zu kaufen gibt, gefüttert wurden. Wir probierten Joghurts mit Früchten und den Wackelpudding, den es überall zu kaufen gibt und saßen oft einfach da und beobachteten das Treiben. Es gibt viele arme Menschen in der Stadt und sogar Kinder, die mit kleinen gefüllten Körbchen durch die Massen gingen und irgendetwas verkaufen wollen. Jeder versucht etwas anzubieten. Am besten gefielen uns die Schubkarren voll mit Popcorn und der frischgepresste Orangensaft.

Platz voller Tauben
Platz voller Tauben
Schubkarre gefüllt mit Popcorn
Schubkarre gefüllt mit Popcorn

Lamaföten auf dem Hexenmarkt

In Bolivien wird der Aberglaube deutlich gelebt, das konnten wir allein schon in den Straßen von La Paz bemerken. Wir trafen oft auf Märkte oder Events in den unterschiedlichen Stadtteilen. Am skurrilsten fanden wir die Zaubermärkte, unter anderem den Hexenmarkt. Ein eigenartiger Geruch lag in der Luft. Hier gibt es für jeden Wunsch oder Leid das passende Mittelchen. Neben Heilkräutern, Figuren, Fläschchen mit geheimen Rezepten und Räucherstäbchen hingen getrocknete Lamaföten von der Decke. Lamaföten sorgen für Glück im neuen Heim. Dabei werden diese als Glücksbringer im Fundament eingegraben. Man erzählt sich, dass für Großprojekte keine Lamaföten reichen und stattdessen Menschen, meist Obdachlose, lebendig in das Fundament eingelassen werden… Da läufts einem kalt den Rücken runter.

Diese Bräuche stammen von der indigenen Bevölkerung, welche in Bolivien 60 % der Bevölkerung ausmachen. 

Lamaföten hängen von der Decke
Lamaföten hängen von der Decke
Lamaföten Nachschub in den Straßen
Lamaföten Nachschub in den Straßen

Zweimal hintereinander waren wir bei einer super leckeren Pizzeria, denn das bolivianische Essen hatte uns noch nicht so überzeugt. Beim zweiten Mal empfahl uns der nette Pizzabäcker ein spezielles Restaurant in der Nähe mit kulinarischem Essen. Dieses besuchten wir am nächsten Tag. Aufgrund von super kurzen Öffnungszeiten (12:15 – 14:30 Uhr) war es ziemlich voll und es gab auch keine richtige Speisenkarte. (Es gibt immer drei Hauptgerichte, die wöchentlich wechseln.) Wir bekamen einen Tisch und sollten aus der kleinen Speisekarte eine Vorspeise, eine Hauptspeise, eine Nachspeise und ein Getränk wählen. Wir waren super überrascht über diese feinen und kreativen Speisen und das für nur 10 € pro Person.

Vorspeise im Popular Restaurant
Vorspeise im Popular Restaurant
Hauptspeise im Popular Restaurant
Hauptspeise im Popular Restaurant
Nachspeise im Popular Restaurant
Nachspeise im Popular Restaurant

Koka in Bolivien

An einem Tag besuchten wir das Coca-Museum direkt in der Nähe. Ein kleines Museum, welches den Wandel der Coca-Industrie zeigt. Wir bekamen ein paar Seiten Infomaterial auf Deutsch und gingen die Stationen ab.

Die Kokapflanzen, oder Coca, sind schon seit Jahrhunderten Teil der indigenen Bevölkerung Boliviens. Erst wurden die Blätter von Arbeitern zur Leistungssteigerung, gegen die Höhenkrankheit oder jegliche Gebrechen gekaut oder zu Zeremonien und Festen genutzt, bevor die Pflanze illegalisiert wurde. Durch die Nutzung der Pflanze zur Herstellung von Kokain wurde ihr Ruf dermaßen geschädigt, dass diese nahezu weltweit verboten wurde. Mittlerweile hat jedes südamerikanische Land seine eigenen Regeln zum Anbau und Konsum. Bolivien kämpft nun seit Jahren für die Entkriminalisierung der Pflanze.

Wir haben während unserer Zeit in Südamerika viele dicke Backen gesehen und selbst Coca-Tee getrunken. 

Kokamuseum in La Paz
Kokamuseum in La Paz

Geburtstag in La Paz

An Janeks Geburtstag machten wir uns vormittags auf zum Valle de las Animas, welches am Rande der Stadt liegt. Vivis Bronchien hatten sich scheinbar immer noch nicht an diese Stadt gewöhnt und so machten wir keine große Wanderung daraus. 

Für den Hinweg nahmen wir wieder, soweit es ging, die Seilbahn. Das letzte Stück ließen wir uns mit einem günstigen Uber fahren. Das kostenlose Valle de las Animas wird viel weniger besucht als das bekannte und ähnliche Valle de Luna. Das Tal der Seelen (Valle de las Animas) wird genau wie das Mondtal (Valle de Luna) von tausenden Felsen, Felsspalten, Erdhügeln und kraterähnlichen Formationen durchgezogen und sieht aus, als wäre es nicht von diesem Planeten. Es können einige Wanderungen unternommen werden, aber auch für einen kurzen Spaziergang hat es sich schon gelohnt. Wir ließen unsere Drohne ein wenig umherfliegen und machten uns auf den Heimweg. Da es nur Bergab ging, liefen wir bis zurück in die Stadt. Wir wollten statt mit Uber dieses Mal eins der Colectivos zurück zur Seilbahnstation nehmen.

Das Valle de las Animas mit Blick auf La Paz
Das Valle de las Animas mit Blick auf La Paz
Beeindruckende Felsformationen
Beeindruckende Felsformationen

Colectivos sind Sammeltaxis (Minivan), die meist zwar nur Platz für 9-12 Personen bieten, aber oftmals einfach vollgequetscht werden. Zum einen gibt es Colectivos, die eine bestimmte Strecke ins Umland fahren. In der Stadt gibt es meist Colectivos, die bestimmten Strecken fahren. Wenn ausgestiegen werden will, wird dies kurz dem Fahrer gesagt und dann wird gehalten. Da es keinen richtigen Fahrplan gibt, ist es am einfachsten, kurz nachzufragen, ob das Ziel auf dem Weg liegt. Für die Strecken innerhalb der Stadt zahlt man dann meist 1-3 Bolivianos (0,15 – 0,40 €).

Direkt das zweite Colectivo, welches wir heranwinkten, sammelte uns ein. Es war für unsere Bedürfnisse schon gut gefüllt und wir fanden noch zwei Plätze in der letzten Reihe. Mit der Zeit füllte sich das Taxi immer mehr, sodass nicht nur Menschen, sondern auch Taschen, Körbe und Decken den Gang füllten. Dann gab der Fahrer uns das Zeichen, dass wir aussteigen sollten. Ohne Murren verließ die Hälfte das Taxi, damit wir aussteigen konnten. Wir drückten dem Fahrer 4 Bolivianos (0,50 €) in die Hand und waren schon wieder bei der Seilbahnstation.

Mit dem Colectivo durch La Paz
Mit dem Colectivo durch La Paz
Blick aus der Seilbahn auf einen Markt
Blick aus der Seilbahn auf einen Markt

Markt in La Paz

Mit der Seilbahn ging es anschließend wieder zurück. Dabei schwebten wir über einen riesigen Markt und entschlossen noch den Umweg darüber zugehen. Hier wurde viel Tischkicker und Bingo mit Maiskörnern gespielt. Insgesamt wirkte der Markt wie ein großer Jahrmarkt, nur einfacher. Janek hatte Drohne und Kamera im Rucksack, weshalb wir noch etwas achtsamer als normal über den vollen Markt schlenderten.

Auf dem großen Marktplatz, den wir schon mehrfach passiert hatten, war diesen Abend deutlich mehr los als normal. Eine Menge Polizisten, mit Instrumenten bewaffnet, standen umher und eine Bühne mit großer Leinwand war aufgebaut. Wir hatten zwar eigentlich ein Date mit unserer Lieblingspizzeria, waren aber zu neugierig, was hier vor sich ging, sodass wir noch ein wenig warten wollten.

Tischkicker auf dem Markt
Tischkicker auf dem Markt
Essensstände reihen sich aneinander
Essensstände reihen sich aneinander

Auf der Leinwand wurde ein Imagevideo der Polizei abgespielt, welches aus Liebe, Eifersucht und Werbung für die bolivianische Polizei besteht. Irgendwie ziemlich verwirrend. Plötzlich fuhren sexy Polizistinnen, passend zum Video, auf Motorrädern vor und einige richtig albern verkleidete Polizisten stießen dazu. Dann wurde trompetet und getanzt. Die Polizei hatte offiziell den Karneval eingeläutet …

Nachdem dann verkleidete Polizisten versucht hatten, uns auf die „Tanzfläche“ zu ziehen, war der Moment gekommen, den Platz zu verlassen und eine letzte leckere Pizza zu essen.

sexy Polizistinnen beim Karneval
sexy Polizistinnen beim Karneval
Die Polizei leitet den Karneval ein
Die Polizei leitet den Karneval ein

Die Deathroad mit dem Fahrrad

An den letzten zwei Tagen war bei Vivi alles wieder gut, es hatte sich keine Erkältung entwickelt. Wir entschieden uns nach einer letzten Verlängerung für die Fahrradtour über die Deathroad und im Anschluss für eine Tour in den Amazonas.

Einen Tag vorher hatten wir die Tour in unserem alten Hostel* gebucht und zudem die weiterführende Busfahrt in den Dschungel. Am nächsten Morgen liefen wir die paar hundert Meter mit unseren Koffern bewaffnet zum Treffpunkt und bekamen unsere Ausrüstung. Helm, Regenhose, Windjacke, Handschuhe und Schützer. Anschließend wurde die erste Gruppe in den Bus verladen und machte sich auf den Weg. Als wir nun mit voller Montur und unseren Koffern zum Bus kamen, musste ordentlich umgeräumt werden, da entgegen unserer Absprache nicht so viel Platz für Gepäck vorhanden war …

Vollgequetscht und mit einigen Fahrrädern auf dem Dach ging es erstmal für ein paar Stunden hoch zum Startpunkt.

Mountainbikes auf dem Autodach
Mountainbikes auf dem Autodach

Vor Ort bekam nun jeder sein Rad zugeteilt und während wir unsere Schutzkleidung anlegten, erklärten uns die Guides, wie wir uns zu verhalten hätten und zum Beispiel Überholmanöver ankündigen sollten. Dann ging es erstmal über die Asphaltstraßen hinab. Bei der Geschwindigkeit mussten wir uns echt auf die Straßen konzentrieren, sodass wir wenig vom supergeilen Ausblick hatten. Zwischendurch stoppten wir gemeinsam für ein paar Fotos.

Aussicht bei der Deathroad
Aussicht bei der Deathroad
Erste Etappe auf Asphalt
Erste Etappe auf Asphalt

Die Yungas-Straße - Deathroad

Nach einigen Kilometern über Asphalt trafen wir uns zusammen in einem kleinen Ort, wo die Fahrräder wieder aufs Dach geschnallt wurden, denn ab jetzt ging es wieder bergauf. Wir konnten also gemütlich im Auto fahren, statt uns abzumühen. Endlich verließen wir die asphaltierten Straßen und stoppten am Beginn der echten Deathroad.

Die Yungas-Straße auch genannt Deathroad galt als die gefährlichste Straße der Welt. Die zum Teil nur einspurige unbefestigte Straße am tiefen Abgrund war bis 2007 eine der wenigen Verbindungsstraßen zwischen dem bolivianischen Urwald und dem Regierungssitz La Paz. Bis zur Eröffnung der Umgehungsstraße 2007 starben etwa 200-300 Menschen pro Jahr auf der Yungas-Straße. Heutzutage wird die Straße nur noch von Touristen und Downhill-Mountainbikern genutzt.

Für die Yungas-Straße gilt nach wie vor eine lokale Verkehrsregel, die Linksverkehr abweichend zum bolivianischen Rechtsverkehr vorschreibt. Dies hat den Grund, dass die links sitzenden Fahrer den Fahrbahnrand besser einsehen können. Auf anderen ähnlich gefährlichen Straßen wird dieselbe Regel eingesetzt.

Jeder bekam noch einen kleinen Snack und wir legten ein paar überflüssige Klamotten ab, da es schon deutlich wärmer war und ab jetzt nur noch wärmer werden würde. Da die Straße in den letzten Tagen von einigen Erdrutschen für Autos unpassierbar geworden war, konnte das Begleitfahrzeug uns nur ein Stück folgen. Wir waren im Ernstfall also auf uns gestellt. Ab jetzt ging es nur noch über Schotterstraßen bergab. Der Abgrund war wirklich bedrohlich tief und steil. Keine Ahnung, wie die hier mit LKWs und Bussen lang gefahren sind …

Wir hatten echt Glück mit dem Wetter, die Sonne schien und die Strecke war überwiegend trocken. Ab und zu fuhren wir durch Wasserfälle oder kleine Bäche. Plötzlich tauchte hinter einer Kurve der erste Erdrutsch auf. Mit dem Auto – kein Durchkommen. Jeder schulterte sein Fahrrad und schleppte sein Rad über den steinigen Untergrund.

Vivi neben einem Wasserfall
Vivi neben einem Wasserfall
Ein Erdrutsch blockiert die Straße
Ein Erdrutsch blockiert die Straße

Nach knapp 64 Kilometern, 3-4 Erdrutschen, einigen Wasserfällen und keinem Unfall kamen wir am Ziel an. Natürlich mussten wir kurz vor Ende noch durch einen unerwartet tiefen Fluss fahren, sodass einige am Ziel versuchten, ihre Socken und Schuhe trocken zubekommen.

Zum Glück hatten wir Jacken bekommen
Zum Glück hatten wir Jacken bekommen
Zum Teil ging es super steil hinab
Zum Teil ging es super steil hinab

Auf in den Dschungel

Wir hatten in einer Art Bar gehalten und konnten etwas trinken, während die Mitarbeiter die Fahrräder und Klamotten sortierten und sauber machten. Danach ging es für alle mit dem Bus weiter zum vorbereiteten Buffet. Reis, Nudeln, Bohnen, Fleisch und Salate waren vorbereitet und alles schmeckte ausgezeichnet.

Im Anschluss der Tour wurden nur wir beide nach einer ca. 20-minütigen Fahrt in Yolosita, einer Straßenkreuzung, rausgelassen, von wo uns der Bus nach Rurrenabaque einsammeln sollte. Wir warteten deutlich länger als erwartet und konnten bis in die Dunkelheit komische Menschen beobachten.

Irgendwann tauchte endlich der Bus auf. Ein Mitarbeiter sprang heraus und half uns schnell mit den Koffern. Wir saßen nun in einem abgeranzten Bus und konnten, bei den schlechten Straßenverhältnissen, nur schlecht schlafen. Neben Vivi war das Fenster offen und beim Durchfahren einer Pfütze spritzte uns das Wasser ins Gesicht. (Wir saßen etwa 3 Meter über dem Boden!) Der Bus machte regelmäßige Pausen und so gut wie alle gingen jedes Mal raus. Plötzlich würgte eine Frau im vorderen Teil des Busses, eine andere Frau neben uns strich sich Kacke vom Schuh und der Busfahrer wischte feucht über den Boden. Ein kleiner Hund hatte sich reingeschlichen und  scheinbar in den Bus geschissen. Wow.

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4 Kommentare
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Annemarie
4 Monate zuvor

Welches war denn euer 2.Hostel in La Paz und habt ihr mit dem auch die Deathroad und den Transfer nach Rurenabaque gebucht?
LG

Claudia
11 Monate zuvor

Dieser Beitrag ist mal wieder richtig toll geschrieben. Man ist richtig dabei und kann sich alles gut vorstellen und ist dabei nicht aus der Puste.