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#33 – Argentinien, Weinstadt Mendoza

Früh am Morgen erreichten wir nach einer 8-stündigen Fahrt aus Pucón wieder Santiago de Chile und konnten direkt den nächsten Bus weiter nach Mendoza (Argentinien) nehmen. Die Straße schraubte sich in die Höhe der Anden und ganz oben überquerten wir dann die Grenze. Die Umgebung sah spektakulär aus. Hohe spitze Felsen und rotbraune Flüsse bahnten sich den Weg durch das Tal. Wären wir mit dem Auto unterwegs gewesen, hätten wir bestimmt alle 5 Minuten für ein paar Fotos gehalten.

Krasse Serpentinen auf dem Weg nach Mendoza
Krasse Serpentinen auf dem Weg nach Mendoza

Weinstadt Mendoza

Am Nachmittag kamen wir in Mendoza an. Auf dem Weg konnten wir schon einige Weinfelder entdecken, die plötzlich in der gähnenden Leere auftauchten. Normalerweise ist es hier super trocken und es wächst so gut wie nichts. Mendoza aber wird künstlich bewässert und wirkt deshalb wie eine große Oase in der kargen Trockensteppe. Am Busbahnhof luden wir noch schnell unsere SIM-Karte auf, bestellten uns ein UBER und fuhren zu unserer Unterkunft. Die nette Gastgeberin wollte gerne direkt die Miete von uns, wir hatten aber kaum noch Pesos und so einigten wir uns darauf, erst am Abend zu zahlen und damit begann das Dilemma. Unsere Haupt-Kreditkarte war nach wie vor gesperrt und unsere zweite wurde von Western Union geblockt, sodass es uns nicht möglich war, Geld abzuholen und wir die Übergabe auf den nächsten Tag verschieben durften.

Am nächsten Morgen, nachdem wir uns einen Account bei Skype eingerichtet und unsere Wäsche abgegeben hatten, telefonierten wir mit unseren Banken und wurden pünktlich zum Feierabend aus der Leitung geworfen, ohne einen Schritt weiter gekommen zu sein. Die Gastgeberin schlug vor, einfach zum ATM zugehen, was wir zwar schon wussten, kein Sinn macht, aber wir wollten es probieren. Mit unserer letzten Dollarreserve machten wir uns auf in die Stadt. Die Automaten, wenn sie dann Geld haben, spucken maximal 15.000 Peso (etwa 15 €) aus und erheben dabei eine Gebühr von ca. 7 €. Das ist ja wohl ein Witz. Die Straßentauscher boten uns einen echt schlechten Blue-Dollar-Kurs, zudem hätte dies gerade mal für die Miete gereicht und so setzten wir uns erstmal in ein Restaurant und überlegten, wie wir jetzt an Geld kommen.

Unsere letzte Chance, einfach Geld von unserem Konto per Sofortüberweisung an Western Union zu senden, funktionierte überraschenderweise supergut und so konnten wir endlich Geld abholen, Miete bezahlen, den vergeudeten Tag vergessen und Mendoza genießen.

Silvester in Argentinien

An Silvester hatte schon einiges früh geschlossen, sodass wir den Tag entspannt angingen. Nachdem wir einige Silvester Angebote in den Restaurants eingeholt hatten, entschieden wir uns gegen einen teuren Abend und aßen nachmittags eine leckere Pizza, kauften uns zwei Weine und eine Schokotarte für 2,50 € und machten es uns bei 30° C bis zum Sonnenuntergang auf der Dachterrasse gemütlich. Um 0 Uhr gingen wir wieder hoch. Unsere Nachbarn feierten fröhlich an einer langen Tafel und es wurde gegrillt. Wir hörten sie nur laut runterzählen: „diez, nueve, ocho, siete, seis, cinco, cuatro, tres, dos, uno“. Die Kinder kreischten, rannten auf die Straße und amüsierten sich mit Knallerbsen. Im Himmel flog vereinzelt mal eine Rakete, aber mehr als zehn in der kompletten Stadt werden es nicht gewesen sein.

Am Neujahrstag war ebenfalls vieles geschlossen. Wir genossen das warme Wetter auf der Terrasse und planten die nächsten Tage.

Gemütlich auf unserer Dachterrasse über Mendoza
Gemütlich auf unserer Dachterrasse über Mendoza
Schokotarte vom Bäcker nebenan
Schokotarte vom Bäcker nebenan

Weintour durch „Lujan den Cuyu“ mit dem Rad

Da Mendoza für den guten Wein bekannt ist und über 70 % des argentinischen Weines von hier kommt, wollten wir einen Ausflug in die Weingebiete machen. Wir fuhren mit dem Linienbus etwa eine Stunde außerhalb Mendozas, liehen uns zwei Fahrräder und fuhren ein paar Weingüter ab. Im ersten Gut, Alta Vista, probierten wir zwei leckere Weißweine (je 2,50 €). Da wir in der Nebensaison hier waren, konnten wir ohne Reservierung einfach vorbeikommen. Mit dem Fahrrad ging es weiter zum nächsten Weingebiet, dem bekannteren Nieto Senetiner. Hier mussten wir am Eingang warten, während der Wachmann anfragte, ob wir kurz ein Glas Wein probieren könnten. Auch hier wurden wir, da kaum Besucher anwesend waren, ohne Reservierung nett empfangen. Zuerst mussten wir allerdings mit dem Rad durch eine schöne Allee, vorbei an vielen Weinfeldern, bis zum Gut fahren. Es war alles deutlich hochwertiger, Weine wurden kunstvoll präsentiert und vorbei an einem riesigen gläsernen Weinkühler ging es auf die schöne Terrasse. Wir probierten ein Glas Rot- und Weißwein und genossen die schöne Aussicht.

Weinprobe im Rincón Gieco Weingut

Im Weingut Rincón Gieco, unserem nächsten Stopp, bestellten wir uns zwei knusprige Baguettes und zur Abwechslung eine Karaffe frische Limonade und saßen unter einem Dach aus Weinblättern. Wir wollten eigentlich noch ein weiteres Weingut besuchen, aber dafür blieb keine Zeit. Wir änderten unseren Plan und konnten nach dem Baguette zum Glück spontan direkt bei der 16 Uhr Führung teilnehmen. (Tour ca. 7 € inkl. drei Weine) Das Weingut, das Eco-Friendly ohne Pestizide oder Ähnliches arbeitet, wurde in den 40er Jahren von einem Italiener gegründet. Im Weinkeller selbst konnten wir einen Blick in die großen Tanks werfen und lernten die unterschiedlichen Bearbeitungsschritte kennen. In diesem Weingut wird der fertige Wein nicht in Holzfässer umgefüllt und gelagert, stattdessen kommt das Holz, das dem Wein ein gewisses Aroma zufügt, in die Tanks. Jeder hat halt seine eigene Vorgehensweise. Der Wein bleibt dabei für mindestens ein Jahr in den Tanks und hat je nach Jahr einen etwas anderen Geschmack. Ganz schön interessant.

Am Ende der Tour saßen wir zusammen wieder unter der Wein gesäumten Pergola und verköstigten noch je drei gute Weine. Leider wurde die Zeit langsam knapp, denn wir mussten unsere Fahrräder pünktlich abgeben, ansonsten hätten wir bestimmt noch bis spät am Abend mit der Gruppe zusammengesessen. Auf dem Rückweg wurde der Himmel schwarz und es begann leicht zu regnen. Wir konnten die Räder aber noch pünktlich abgeben. Mit dem Linienbus ging es dann wieder zurück. Was für ein toller Tag.  

Weinprobe im größten Weingut Argentiniens „Norton“

Da uns der Tag in den Weingütern so gut gefallen hatte, reservierten wir uns für den nächsten Tag noch eine Führung durch das größte Weingut Argentiniens Norton.

Das Weingut wurde 1895 von Sir Edmund James Palmer Norton, einem Ingenieur, der die Bahnstrecke zwischen Argentinien und Chile baute, gegründet und gehört damit zu den ältesten Weingütern Argentiniens. 1989 nutzte Gernot Langes-Swarovski (ehem. Swarovski Unternehmensführer) die Chance und investierte als erster ausländischer Investor in das Weingut. Bis zu seinem Tod 2021, galt dieser als Besitzer der riesigen Anlage. Bodega Norton gehört heute zu den fünf größten Exporteuren Argentiniens und ihre Weine werden in mehr als 72 Ländern getrunken.

Wir fuhren wieder mit dem Linienbus zum Weingut. Leider brauchte der Bus viel länger als geplant und zu allem Übel hatten wir auch noch eine Panne, sodass wir ein gutes Stück zu Fuß bis zur nächsten Haltestelle laufen mussten. Der Anschlussbus kam auch noch viel später und so erreichten wir Norton etwa 15 Minuten zu spät. Das war aber überhaupt kein Problem, da die Gruppe gerade erst starten wollte. Da alle anderen Touren ausgebucht waren und man nicht einfach auf ein Glas Wein vorbeikommen kann, hatten wir am Tag zuvor eine Tour auf Spanisch reserviert. Wir sprechen zwar kein Spanisch, aber nach den knapp zwei Monaten verstanden wir doch schon recht viel, sodass wir zumindest teilweise den Erzählungen folgen konnten. Das Gut war wirklich beeindruckend und riesig. Wir machten einige Fotos zwischen den vielen verschiedenen Reben und wollten uns gerade auf den Weg zur Verköstigung machen, als uns der Führer anbot, in eine englischsprachige Gruppe zu wechseln. Klar, gerne.

Führung durch die Weinfelder im Norton Weingut
Führung durch die Weinfelder im Norton Weingut
Während der Führung durch die Weinfelder
Während der Führung durch die Weinfelder

Weinprobe im Norton Weingut

Zur Weinprobe ging es in den kühlen Keller. Hier lagerten bis zu 60 Jahre alte Weine, die größtenteils noch trinkbar und deshalb von hohem Wert sind. Drei ausgewählte Weine waren bei der Tour dabei und die Sommelière scheute sich nicht davor, die Gläser nachzuschenken. Angeheitert ging es durch die etwa 5-6 Meter! hohe Eingangstür zurück zur Straße, an der wir wieder auf den Linienbus warteten.

In Argentinien wird überwiegend Malbec-Wein angebaut, eine Weinsorte, die wir bisher überhaupt nicht auf dem Schirm hatten und uns immer gut geschmeckt hat. Mal schauen, ob es uns zu Hause in Deutschland auch so gut schmeckt…

Wanderung zum Aconcagua Base Camp

Am nächsten Tag ging es früh raus. Wir wollten eine Wanderung zum Basecamp des Aconcaguas, dem höchsten Berg Amerikas und außerhalb des Himalaya-Gebirges, machen. Wir fuhren in der Früh mit einem Bus für etwa 2,50 € pro Strecke und knapp 3 Stunden später erreichten wir Puente del Inca. Nach einem kurzen Stopp fuhr der Bus ein Stück weiter zum unplanmäßigen Halt und dem Start der Wanderung. Auf dem Rückweg muss der Weg nach Puente del Inca an der Straße zurückgelegt werden.

Die Tickets für den Eintritt (ca. 14 € pro Person) mussten wir am Tag vorher bei einer PAGO-Geschäftsstelle bezahlen, nachdem wir diese online reserviert hatten. Dafür legten wir das Ticket vor und nachdem der Barcode gescannt wurde, konnten wir in bar bezahlen. Vor Ort soll man weder mit Kreditkarte noch in bar bezahlen können… komplizierter geht es nicht.

Schon vor der Busfahrt hatten wir zwei Deutsche kennengelernt, die ihr Ticket vorher nicht bezahlt hatten, aber mit der Prämisse, das Ticket am nächsten Tag in Mendoza zu zahlen, eingelassen wurden. Die knapp 8 Km zum Basecamp wanderten wir zusammen. Ständig kamen uns vollgepackte Esel, gefolgt von einem Gaucho, entgegen, die anscheinend das Basecamp mit Lebensmitteln, Baumaterialien, Zelten und Matratzen versorgten. Die Natur war unglaublich schön und ausgefallen. Hinter rotbraunen Felsen blickte der weiße, 6961 Meter hohe Aconcagua hervor. Kein einziger Baum stand hier, dementsprechend auch kein Schatten. Oben angekommen (4200 m.ü.m.) aßen wir eine riesige mitgebrachte Portion Reis vom Vortag. Unsere Bekanntschaft ging schon eher runter, da sie den ersten Bus um 16 Uhr in Puente del Inca erwischen mussten. Wir hatten uns für den späteren und letzten Bus um 20 Uhr entschieden, um genügend Zeit im Base Camp und anschließend in Puente del Inca zu haben. Die Sonne knallte aber unermüdlich und da es kaum Schatten gab, gingen wir recht schnell wieder runter.

Puente del Inca

Unten angekommen, machten wir uns auf der Schnellstraße in Richtung Puente del Inca. Janek hielt einmal seinen Daumen raus und direkt wurden wir vom ersten Pick-Up mitgenommen. Im Ort angekommen schauten wir uns kurz die Sehenswürdigkeit, eine Brücke, entstanden durch Erosion und die paar Souvenirstände an.

Puente del Inca
Puente del Inca
Hier war nicht viel los
Hier war nicht viel los

Der Name entstammt einer Legende. Danach lebte zur Zeit der Inka ein Herrscher, dessen Sohn gelähmt zur Welt kam. Nachdem alle Versuche ihn zu heilen gescheitert waren, hörte dieser Herrscher von heilenden Quellen im Süden. Daraufhin wählte er seine besten Krieger aus und zog mit ihnen los. Am Ziel – dem heutigen Puente del Inca – angekommen, trennte ihn und seine Begleiter jedoch ein reißender Fluss von den Quellen. Die mutigen Krieger wollten ihren Herrscher nicht enttäuschen, fassten sich gegenseitig an den Knöcheln und bildeten gemeinsam eine menschliche Brücke. Auf diese Weise konnte der Herrscher mit seinem Sohn auf dem Arm über ihre Rücken hinweg den Fluss überqueren. Er fand im Thermalwasser die Heilung für seinen Sohn. Als er jedoch zurück zu seinen Männern blickte, um sich bei ihnen zu bedanken, waren diese versteinert. Sie waren durch die Quellen völlig mit Mineralien aus dem Wasser überzogen und bildeten so den Puente del Inca.

Quelle Wikipedia

In dem Ort könnte man sich mit Mühe eine Stunde aufhalten, danach hätte man alles gesehen. Wir saßen also noch ein paar Stunden herum und warteten auf den Bus. Ein paar andere Wanderer warteten mit uns an der Straße und waren etwas besorgt, ob der Bus noch kommen würde… Mit etwas Verspätung wurden wir aber eingesammelt und kamen gegen Mitternacht zurück in Mendoza an.

Wir durften am letzten Tag netterweise bis zum Abend in der Unterkunft bleiben und genossen noch ein wenig die Stadt. Zudem besuchten wir noch kurz den großen Parque General San Martin. Hier sammelten sich einige Sportbegeisterte, um zusammen zu joggen, es wurde Dudelsack gespielt oder die Leute lagen einfach mit Decken auf der Wiese. Als wir es uns auf einer Bank unter einem Pavillon gemütlich machten, konnten wir ein paar Kolibris beobachten, die von Blüte zu Blüte huschten. Am selben Abend ging es dann mit dem Bus zum letzten Stopp in Argentinien.

Auf der Suche nach Schatten
Auf der Suche nach Schatten
Kolibri zwischen den Blüten
Kolibri zwischen den Blüten

[Hier geht´s bald weiter]

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2 Kommentare
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Claudia
1 Jahr zuvor

Die Schönheit eines Weins liegt nicht nur im Geschmack, sondern auch in der Atmosphäre die er schafft und den Momenten die er bereichert.

Sehr schön

Vivi & Janek
1 Jahr zuvor
Reply to  Claudia

Wie Wahr… Dann müssen wir die Momente halt nur in unseren Erinnerungen und nicht in einer Flasche mit nach Hause nehmen 😀